oder: Das Ende der Unschuld der Fliegerei
Der prominenteste Absolvent von August Eulers Flugschule war Prinz Heinrich von Preußen. Den Modebewussten unter uns ist er als Namensgeber der nach ihm benannten Prinz-Heinrich-Mütze bekannt. Die Geschichtsinteressierten werden ihn eher als den jüngeren Bruder des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. kennen. Prinz Heinrich hielt sich allerdings aus der Politik heraus, was seinem Bruder auch gut zu Gesicht gestanden hätte. Leider teilte er aber mit Wilhelm die Begeisterung für das Militär: Er baute die deutsche Marine vor dem Ersten Weltkrieg mit auf, war Großadmiral und Kommandeur der Ostseeflotte. Auch erkannte er früh die Bedeutung der jungen Technik der Fliegerei für die künftige Kriegsführung. Der Aufenthalt Prinz Heinrichs in Eulers Flugschule markiert daher leider indirekt das Ende der Unschuld der Fliegerei.
Albert Wilhelm Heinrich von Preußen wurde 1862 in Potsdam geboren. Sein Vater war der deutsche Kaiser Friedrich III., der nur kurze Zeit regierte und seine Mutter war Victoria, die älteste Tochter von Queen Victoria von England. Seine Eltern waren von der kindlichen Entwicklung von ihm und seinem älteren Bruder Wilhelm nicht begeistert. Sie förderten jedoch sein Interesse für die Marine, sodass er mit 15 Jahren in den Militärdienst eintrat und dort bis zum Großadmiral aufstieg. Er galt als hervorragender Seemann.
1888 heiratete er seine Cousine Irene von Hessen-Darmstadt, die Schwester des hessischen Großherzoges und Schwester der russischen Zarin war. Deshalb war Heinrich auch öfter in Darmstadt zu Gast und möglicherweise kam so der Kontakt zu August Euler auf dem Griesheimer Sand zu Stande.
1911 wurde er nämlich aus Begeisterung für die sich rasch entwickelnde Fliegerei Flugschüler Eulers und bestand schließlich die Prüfungen in Griesheim. Er erhielt das „Flugmaschinenführer-Zeugnis“ mit der Nr. 38. Heinrich setzte sich in der Folgezeit für eine Forcierung der Flugzeugentwicklung in Deutschland ein. Er erkannte die Bedeutung, die die Fliegerei auch in militärischen Bereichen haben würde.
1912 rief er daher auf Anregung Eulers zur „Nationalflugspende“ auf: Dies war eine Sammelaktion, die die Entwicklung der deutschen Flugindustrie voranbringen sollte, die damals weit hinter der französischen zurücklag. Das Budget wurde zu Teilen an Firmen als Zuschuss vergeben (heute würde man start-ups sagen), die sich mit der Fliegerei beschäftigten, Teile wurden als Preisgelder bei Flugtagen ausgelobt, bei denen sich die jeweils neu entwickelten Flugmaschinen in Wettbewerben stellten.
Aufgrund eines solchen Flugtages hatte Prinz Heinrich dann noch ein zweites Mal Bedeutung für die Griesheimer Geschichte: Am 17.-25. Mai 1914 fand nämlich der „Prinz-Heinrich-Flug“ zwischen Köln und Darmstadt bzw. Griesheim statt. 54 Teilnehmer meldeten sich an, die jedoch nicht alle zugelassen wurden, um insgesamt ca. 2600km Strecke in verschiedenen Übungen zurückzulegen.
Auf dem Griesheimer Flugplatz fanden volksfestartige Szenen statt. Mit Sonderzügen und der Straßenbahn reisten Tausende Zuschauer aus der gesamten Umgebung an, um die Flugmaschinen aus der Nähe betrachten zu können. Ein erhaltener Plan von der Veranstaltung zeigt, wie man schon vor über 100 Jahren die Verkehrsströme auf dem Gelände lenken musste:
Die Nationalflugspende war (leider) recht erfolgreich. So konnte dann der noch 1914 begonnene Erste Weltkrieg auch erstmals in der Luft geführt werden. Der Griesheimer Flugplatz war in die Infrastruktur des Militärs eingebunden: Es wurde dort eine Fliegerstation eingerichtet, womit der Flugplatz eine militärische Einrichtung wurde, die er bis ins 21. Jahrhundert bleiben sollte. Auch August Euler selbst wirkte im Vorfeld an der militärischen Entwicklung der Fliegerei mit: Er entwickelte eine Technik, die den Einsatz von Maschinengewehren auf Flugzeugen ermöglichte.
Bildquelle: Stadtarchiv Griesheim
Quellen: Ursula Eckstein: August-Euler-Flugplatz Darmstadt, Justus-von-Liebig-Verlag, Darmstadt, 2008 & Wikipedia
An die Geschichte der Fliegerei in Griesheim möchte auch das im Aufbau befindliche August-Euler-Museum erinnern. Mehr Infos finden Sie hier: www.august-euler-museum.de
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