
Das alte Pfarrhaus in der Griesheimer Pfarrgasse kann wohl als stattlichstes Fachwerkhaus in Griesheim bezeichnet werden, auch wenn das Nikolosehaus bekannter und das Gebäude an der Südwestecke des
Jean-Bernard-Platzes älter ist. Der Komplex ist seit Jahrhunderten im Besitz der Kirche und ist es auch heute noch.
Neben dem Pfarrhaus selbst, das Wohnzwecken und dem Gemeindebüro dient, liegen auf dem Grundstück, das durch die Pfarrgasse, die Schulgasse, die Weichgasse und die Pfützenstraße begrenzt wird noch weitere Gebäude: Richtung Osten ist dies das Gemeindehaus, ein Bau aus den 1960er Jahren, der diverse größere und kleinere Räumlichkeiten beherbergt. Im typischen Klinkerstil der Kirchenbauten seiner Zeit errichtet, ist er grundsätzlich ein gutes Stück Architektur. Kritisch ist nur die Fassade zur Schulgasse zu sehen, die vollkommen geschlossen abweisend wirkt.

Westlich des Pfarrhauses liegt der Pfarrgarten, der wohl seit Jahrhunderten unbebaut geblieben ist, obwohl der Rest des Griesheimer Ortskernes eine recht hohe Baudichte aufweist. Wahrscheinlich diente er der Versorgung der Griesheimer Pfarrer mit frischem Gemüse. Heute muß er leider auch diverse Parkplätze aufnehmen, da bei der in der Nähe befindlichen Kirche selbst keine Stellplätze zur Verfügung stehen.
Die Pfarrgasse entlang des Komplexes ist übrigens nicht die einzige Straße, die Bezug auf die Kirche
nimmt. Weiter nördlich liegt die Kirchgasse, und dazwischen befindet sich die Pariser Gasse. Zu deren
Namen gibt es zwei Theorien: Eine besagt, daß hiermit Bezug auf die (auch teilweise antikirchlichen) revolutionären Vorgänge in Frankreich genommen wurde, dies ist durchaus vorstellbar, wenn man bedenkt, welch starke Stellung linke politische Strömungen in Griesheim einmal hatten. Die andere Theorie sieht in der Pariser Gasse eine Weiterentwicklung aus Paradieser Gasse, führt diese Gasse doch zum Kirchhof, der auch als Paradies bezeichnet wurde. Vielleicht stimmen ja auch beide Versionen.
Die Baugeschichte des Pfarrhauses ist sehr schön im Zweiten Teil der „Griesheimer Geschichten“ von Karl Knapp nachzulesen. Man erfährt dort, daß es beim Bau schon ähnlich wie heute zuging, einzelne „Gewerke“ hatten Teilaufträge erhalten. Die Hölzer für das 1629-1634 erbaute Haus stammen übrigens aus Straßburg und wurden in den Vogesen oder im Schwarzwald geschlagen.
80 Gedanken zu „Das Pfarrhaus und das Paradies (oder doch Paris?)“