Seit einigen Wochen schon ist der Supermarkt in der Griesheimer Innenstadt geschlossen. Es steht ein Wandel an. In absehbarer Zeit wird das flache Marktgebäude abgebrochen werden um Platz zu machen für das sogenannte Innenstadtprojekt. Ein mehrgeschossiger Komplex aus Wohn- und Geschäftshäusern wird dann errichtet. Diese Baumaßnahme wird der vorläufige Endpunkt einer Reihe von Veränderungen sein, die das Grundstück in den letzten eineinhalb Jahrhunderten erlebt hat.
Das Eckgrundstück Wilhelm-Leuschner-Straße / Friedrich-Ebert-Straße liegt nicht im historischen Ortskern von Griesheim. Erst im Zuge der Anlage der Chaussee erweiterte sich die Bebauung stetig nach Osten. Die Südseite des heutigen Georg-Schüler-Platzes wurde erst in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bebaut. Charakteristisch für die erste Bebauung waren eingeschossige, traufständige Häuser, oft mit Fassaden aus Sichtmauerwerk. Neben Wohnhäusern entstanden einzelne Geschäfte und Gastwirtschaften, oft mit separatem Saalbau. Insofern bildete das Eckgrundstück keine Ausnahme.

Mit dem sich immer mehr beschleunigenden Wachstum Griesheims setzte noch vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) eine Verdichtung der schon bebauten Grundstücke ein. Zusätzliche Nebengebäude entstanden oder es wurden Obergeschosse angefügt. Das Eckgrundstück machte hier keine Ausnahme.

Spätestens nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich der allgemeine Architekturgeschmack. Moderne Strömungen, die ihren Ausdruck zum Beispiel im Bauhaus und in der klassischen Moderne fanden, lehnten Ornamente weitgehend ab. Gebäude wurden hell verputzt. Auch konservativere Architekten verabschiedeten sich vom Historismus, bauten schlichte, aber an klassischen Formen orientierte Gebäude. In Griesheim fanden beide Richtungen ihren Niederschlag.

Die Naziherrschaft und der Zweite Weltkrieg (1939-1945) brachten auch in Griesheim Leid und Zerstörung. Bei Luftangriffen auf den Ort wurden zahlreiche Gebäude vernichtet oder stark beschädigt. Auch der Bereich um den Georg-Schüler-Platz war davon betroffen.

Schon direkt nach Kriegsende setzte in Griesheim der Wiederaufbau ein, zunächst natürlich mit bescheidenen Mitteln. Beschädigte Gebäude wurde oft in einfacherer Form repariert oder neu errichtet.


Der Aufschwung der 1950er und 1960er Jahre und die veränderten Lebensgewohnheiten veränderten naturgemäß auch das Stadtbild Griesheims. Wie überall in der Republik verschwanden kleine Kinos und alte Gaststätten.

Schon um die Jahrtausendwende gab es in Griesheim Diskussionen um die Weiterentwicklung der Innenstadt im Bereich südlich des Georg-Schüler-Platzes. Der in den 1990er Jahren entstandene Neubau der Sparkasse hatte in Gestalt und Größe eine neue, städtische Dimension an diesen Ort gebracht. Die Stadt Griesheim erwarb die drei benachbarten einfachen Wohnhäuser, um zusammen mit dem in privater Hand befindlichen Supermarkt neuen Entwicklungen Möglichkeiten zu geben. Fehlende Stellplätze, eine zu geringe Ladenfläche und kleine Betriebsflächen führten dazu, dass die Zukunft des Marktes zunehmend in Frage zu stellen.
Nach jahrelanger Diskussion, Vorbereitung und Planung wurde schließlich eine Lösung gefunden, bei der ein privater Investor den Supermarkt und die angrenzenden Wohnhäuser übernimmt, abbricht und durch mehrgeschossige Gebäude mit Wohnungen und einem vergrößerten Supermarkt ersetzt. Informationen zu diesem Projekt finden Sie hier.
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