Alte Kirchen sind voller Symbole. Manche sind recht einfach zu erkennen, manche findet man erst beim genaueren Hinsehen. Und wieder andere sind so gut versteckt, dass sich die Wissenschaft bis heute nicht in ihrer Deutung sicher ist. Symbole finden sich dabei nicht nur an gotischen Kathedralen, sogar an der alten Griesheimer Dorfkirche, der Lutherkirche, gibt es sie zu entdecken. Und das schon am Eingang.
Am Ende der Pfarrgasse befindet sich der heutige Hauptzugang zur Lutherkirche. Zwischen zwei klassizistischen Sandsteinpfeilern findet man dort ein schmiedeeisernes Tor, das, je nach Tageszeit, den Weg zum Kirchhof versperrt oder freigibt.
Das zweiflügelige Tor ist relativ schlicht gehalten, wahrscheinlich ist es auch nicht sonderlich alt. Im wesentlichen besteht es aus senkrechten Stäben, die oben und unten über waagerechte Profile zusammengehalten werden. Innerhalb der Torfläche sind aber drei Symbole eingearbeitet. Der von außen gesehene linke Flügel zeigt ein Kreuz, der rechte einen Anker. In der Mitte, über dem Schloss, findet sich ein Herz.
Was bedeuten die drei Elemente? Sicher ist: Sie entspringen nicht irgendeiner künstlerischen Laune des Schlossers. Vielmehr stehen sie für den Glauben (=Kreuz), die Hoffnung (=Anker) und die Liebe (=Herz).
Und in der gemeinsamen Anordnung der drei mit dem Herzen an der prominentesten Stelle zitieren sie eine der wohl bekanntesten Textstellen der Bibel: Es handelt sich nämlich um einen Abschnitt des Ersten Briefes des Paulus an die Korinther. Paulus schreibt dort:
„Wenn ich mit Menschen-und mit Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich weissagen könnte und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, also daß ich Berge versetzte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht ungebärdig, sie suchet nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit; sie verträgt alles, sie glaubet alles, sie hoffet alles, sie duldet alles.
Die Liebe höret nimmer auf, so doch die Weissagungen aufhören werden und die Sprachen aufhören werden und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind und hatte kindische Anschläge; da ich aber ein Mann ward, tat ich ab, was kindisch war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich’s stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ (1. Kor. 13, 1-13, Lutherbibel 1912)
Der Text ist auch als Hohelied der Liebe bekannt. Bei zahlreichen Trauungen wird er in der Lesung des Hochzeitsgottesdienstes verwendet.