Man kann leider nicht regelmäßig bloggen, wenn es wichtiges zu tun gibt…
Fast 100 Jahre nach ihrer Stilllegung wurde heute die Tramway de la Schlucht wiedereröffnet. Endlich kann man wieder bequem und umweltfreundlich aus dem Münstertal auf den Col de la Schlucht fahren.
Startpunkt ist die Stadtmitte der Stadt Munster im Elsass, die der Hauptort des nach ihr benannten Tales in den östlichen Vogesen ist. Bekannt ist der Ort hauptsächlich für den gleichnamigen Käse. Etwas wenig einfühlsam wurde der architektonisch markante Talbahnhof der neuen Bergbahn in den historischen Stadtkern eingefügt. Barrierefreiheit wurde bei der Planung leider auch nicht beachtet. Das Kaufen von digitalen Fahrkarten ist nicht möglich, diese müssen bei lebenden Menschen an einem Schalter erworben werden. Nach wenigen Metern passiert die Bahn die historische Pfarrkirche St.-Jean, die im 15. Jahrhundert errichtet und mit gröbstem Putz verkleidet wurde. Die schöne Mauer vor der Kirche aus rotem Vogesensandstein wird nun durch die Bahn verdeckt.
Nach kurzer Fahrt verlässt die Bahn den schönen Ort und durchquert den Wald. Das Fahrzeug wurde gebraucht von der Dolderbahn aus Zürich erworben. Das Innere der Bahnen wirkt chaotisch und – völlig unschweizerisch – ungeordnet.
Nach einem Drittel der Strecke wird der erste Tunnel erreicht. Die historischen Portale der Vorgängerbahn konnten reaktiviert werden.
Im Tunnel wird das Chateau St. Martin unterquert, das die Herren von Griesheim weitab der Heimat erbaut hatten. Heute sind nur noch Ruinen zu sehen. Nach dem Tunnel wird die Mittelstation erreicht. Wanderer können von hier aus in ihre Touren einsteigen, die Burg oberhalb des Tunnels wird von hier auf kurzem Wege erschlossen.
Nach dem Verlassen der Mittelstation wird ein flacherer Abschnitt durchquert. Erstmals fährt die Bahn nicht mehr in einem Einschnitt, das Gelände fällt nun beidseits ab. Den Fahrgästen eröffnen sich Blicke in die Ferne.
Dann folgt der Höhepunkt. Der Triebwagen überquert den Pont de la Schlucht über die Schlucht.
Im Frühjahr verwandelt sich der kleine Bach aus Pritt-Flüssigkleber in einen reißenden Strom. Die Einfahrt in den zweiten Tunnel erinnert an Vorbilder aus der Schweiz.
Nach dem zweiten Tunnel erreicht die Bahn das Hochplateau des Col del la Schlucht auf 1.139m ü. NN. Im Winter ist das Gebiet einigermaßen schneesicher und bietet viele Möglichkeiten des alpinen Wintersports.
Endstation ist die Gare de la Schlucht neben dem Gipfelgebäude. Dessen Holzfassade wurde aus übriggebliebenen Holzschwellen gestaltet. Ein zugiges Restaurant über einem Abgrund, in dem sich die Bahntechnik verbirgt, bietet – typisch elsässisch – Flammkuchen und Gewürztraminer.
Technische Daten:
- Streckenlänge: 80cm
- Höhenunterschied: 20cm
- Antrieb: Handkurbel
- Technische Ausrüstung: Fischer-Technik, Überraschungsei
- Zugseil: Wolle, 10fach überdimensioniert
- Anzahl Triebwagen: 2
- Haltestellen: 3
- Spurweite: 9mm