Das Griesheimer Straßennetz ist geprägt durch eine Magistrale, die die Stadt gradlinig durchquert und wird ergänzt durch ein Ringsystem, das jedoch im Griesheim Südosten nicht geschlossen ist. Durch weitere städtebauliche Entwicklungen könnte dies in Zukunft zum Problem werden. Gibt es dazu Lösungsmöglichkeiten?
Ein Blick auf die topographische Karte von Griesheim (Abb. 1) lässt das recht einfach gestaltete Straßennetz der Stadt gut erkennen. Der alles dominierende Hauptstraßenzug und die Ringstraßen bilden das Hauptverkehrsstraßennetz.
Trotzdem soll die Karte noch einmal anders dargestellt werden (Abb. 2). Rot eingetragen sind die wichtigsten Straßen. Das historisch entstandene Netz aus Wilhelm-Leuschner-Straße (B26) und Oberndorferstraße wurde seit einigen Jahren um den Nordring, den Westring und einen Torso des Südringes ergänzt. Die Flughafenstraße erschliesst das östliche Gewerbegebiet. Südring und Flughafenstraße sind nicht verbunden.
Diese fehlende Verbindung schlägt sich in den Verkehrsströmen (Abb. 3) nieder. Während in den anderen Stadtquartieren die wichtigsten Verkehrsströme zur Hauptstraße und zum Nordring prägend sind, können im Griesheimer Südosten starke Verkehrsströme parallel zur Hauptstraße beobachtet werden. Bessunger Straße, Sterngasse, Draustraße und Lilienthalstraße sind stärker belastet, als die meisten anderen Wohnstraßen. Offensichtlich sucht sich der Verkehr selbst eine Verbindung, eine Art Ostring entsteht so ungewollt.
In den nächsten Jahren werden einige Projekte im Griesheimer Süden die Verkehrssituation stark beeinflussen, s. Abb. 4. Im Griesheimer Südwesten entsteht gerade ein Neubaugebiet (rot), dass zusätzliche Einwohnerzahlen im vierstelligen Bereich bringen wird. Im Griesheimer Südosten entsteht in den Konversionsflächen ein Wohngebiet mit ca. 500 Einwohnern (rot), ein Gewerbegebiet (hellbraun), ein Campus der TU Darmstadt (lila) mit derzeit nicht bekannten Nutzerzahlen. Auf dem ehem. Stars-and-Stripes-Gelände auf Darmstädter Gebiet könnte die Ansiedlung eines Institutes mit fast 1000 Arbeitsplätzen geschehen (blau).
Diese neuen Einrichtungen bringen zusätzlichen Ziel- und Quellverkehr in die Stadt (Abb. 5). Das Neubaugebiet Südwest wird hierbei größtenteils über den Westring erschlossen. Der Verkehr dazu wird die B26 stärker belasten. Ein Teil des Verkehres wird aber, um Ampeln auf der Hauptstraße und den Umweg des Nordringes zu vermeiden, den Südring nutzen. Die neuen Einrichtungen und Wohnungen im Südosten werden größtenteils über die Flughafenstraße an die B26 angebunden. Ein kleiner Teil des Verkehres wird aber über Bessunger Straße und Sterngasse Richtung Griesheimer Innenstadt, Riedstadt, Büttelborn und Pfungstadt fließen.
Bei der Planung der neuen Gebiete im Griesheimer Südosten wird diskutiert, die dort in Ost-West-Richtung verlaufenden Straßen für den Durchgangsverkehr unattraktiv zu machen (Abb. 6) oder diese ganz zu schließen (z.B. Lilienthalstraße). Dies führt zu einer Mehrbelastung vor allem der Jahnstraße und der Kreuzung an der Haltestelle St. Stephan.
Wie kann dieses Problem nun gelöst werden?
Erstmal muss in Griesheim natürlich erreicht werden, das umweltfreundliche Verkehrssysteme dieses „mehr“ an Verkehr im Griesheimer Südosten abfedern. Möglich wäre die Einrichtung eines Stadtbusses, besser fände ich die Erweiterung des Straßenbahnsystems. Auch zur Verbesserung des Radwegenetzes muss in Griesheim noch einiges getan werden: Innerhalb der Stadt gibt es nicht einen vernünftigen und sicheren Radweg. Auch zusätzliche überörtliche Verbindungen sind sinnvoll.
Aber generell wird diese Verkehrswende hin zum umweltfreundlichen System ihren Ausgang leider nicht in Griesheim nehmen. Die Dominanz des Autos wird noch viele Jahre Realität bleiben. Deshalb gibt es immer wieder Überlegungen zur Schaffung eines Ostringes (Abb. 8), um das Ringsystem zu schließen und den Griesheimer Südosten besser zu entlasten. Diese zunächst auf der Hand liegende Idee hat jedoch einige Haken:
Eine solche Trasse verliefe über das Gebiet der Stadt Darmstadt (Abb. 9). Griesheim kann also hier nicht alleine tätig werden.
Deutlich schwieriger gestaltet sich aber folgendes: Mit der „Fast-Stilllegung“ des Flugplatzes vor einigen Jahren wurde das gesamte Gelände zum Naturschutzgebiet (Abb. 10) nach nationalem und internationalem Recht. Damit wurde nicht nur der unter den besonderen Bedingungen eines Flugplatzes entstehenden Flora und Fauna auf dem Gelände Rechnung getragen. Mit dem Naturschutzgebiet konnte auch politisch verhindert werden, dass der Flugplatz von Hobbyfliegern weiter verwendet werden kann. Nur die TU Darmstadt darf den Platz für Forschungsflüge nutzen, sie nämlich auch Eigentümerin des Geländes.
Zusammengefasst verhindern also drei Faktoren den Bau eines Ostringes:
- Teile der Trasse liegen auf einem Grundstück der TU Darmstadt
- Teile der Trasse liegen auf dem Gebiet der Stadt Darmstadt
- Teile der Trasse liegen in einem Naturschutzgebiet
Eine Lösungsmöglichkeit wäre eine südliche Umgehung des Flugplatzes, s. Abb. 11. Diese Trasse hätte aber viele Nachteile: Es wäre eine lange Neubautrasse zu errichten, die keine Anschlüsse an die Besiedlung haben könnte und daher nicht alle Verkehrsströme aufnehmen würde. Die lange Trasse bedeutete hohe Kosten. Und es würde ein gravierender Eingriff in die Natur stattfinden müssen: Die Waldstücke entlang der Autobahn müssten gerodet werden, das Naturschutzgebiet des Flugplatzes würde seine Anschlüsse an das offene Feld im Süden verlieren.
Stattdessen könnte das Problem mit den oben genannten 3 Gegenargumenten aber folgendermaßen gelöst werden:
- Die TU Darmstadt wird vielleicht einen Campus mit zahlreichen Nutzern in Griesheim errichten. Gleichzeitig wünscht sie sich die Schließung der Lilienthalstraße um die empfindlichen Geräte des Windkanals zu schützen. Die TUD müsste also einen Beitrag zur Lösung des Verkehrsproblemes schaffen, dass sie selbst mit verursacht.
- Die Stadt Darmstadt will auf ihren Flächen (Stars-and-Stripes-Gelände) langfristig eine Entwicklung vorantreiben. Alle Verkehrserschließungen führen über Griesheimer Gebiet. So wäre Darmstadt möglicherweise davon zu überzeugen, gemeinsam vorzugehen.
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Das Naturschutzgebiet ist Änderungen unterworfen. Der Zustand, den das Gebiet bei der Ausweisung des Naturschutzes hatte, ändert sich fortlaufend, die damals vorhandene Flora und Fauna entwickelte sich unter den Bedingungen des ständigen menschlichen Eingriffes durch Mäharbeiten, Überfahren mit schweren Fahrzeugen und der Belastung durch Abgase etc. Diese Randbedinungen fallen aber weg. Stattdessen wird sich ein Ökotop einstellen, dass der ehemals im Gebiet vorhandenen Dünenlandschaft mehr entspricht. Derzeit wird versucht, diese Entwicklung durch den Aufbau künstlicher Dünen zu begünstigen. Sie sind ein Zeichen dafür, dass das Naturschutzgebiet im Umbruch ist: Die zu schützenden Tiere und Pflanzen sind ohne permanentes menschliches Zutun tlw. nicht zu halten, ein neues Ökosystem wird künstlich aufgesetzt (auch wenn es natürlich das richtige ist, da es früher schon mal so vorhanden war). Es stellt sich also die Frage, ob dieser Umbruch nicht auch zu einem Nachdenken über eine Trasse des Ostringes berechtigt, da die Bedingungen des Naturschutzgebietes gerade künstlich geändert werden.
Ein weiterer Aspekt ist auch noch zu beachten. Auf dem Flughafengelände existieren asphaltierte Flächen, die genutzt werden könnten. Dies ist zum einen die Landebahn, die oben dargestellt ist, s. Abb. 12. Sie könnte mit vorhandenen Trassen des Südringes verknüpft werden. Gegen diese Idee spricht allerdings, dass damit die Flugplatznutzung für immer beendet ist. Das wird die TU Darmstadt nicht wollen.
Alternativ bietet sich der vorhandene Rollweg nördlich der Landebahn an, s. Abb 13. Er ist bereits wie eine Landstraße ausgebaut, sogar die Mittelmarkierung ist vorhanden. Im Osten verliefe die Trasse über den jetzt auch schon befestigten Hangarvorplatz über eine vorhandene Straße bis zur Flughafenstraße.
Lediglich ein kurzes Stück Straße von ca. 150m Länge (s. Abb 14, lila markiert) müsste neu gebaut werden. Dadurch entfielen 1.500qm unbefestigte Flächen, davon etwa 1.000qm im Naturschutzgebiet. Dies entspricht der Fläche von 5 Reihenhausgrundstücken. Den Entfall dieser Fläche und das Abriegeln des nördlichen Teiles des Naturschutzgebietes durch den neuen Straßenzug könnte man wie folgt kompensieren:
In wenigen Jahren wird der Daggerkomplex am Eberstädter Weg durch die Amerikaner geräumt. Zu diesem Gebiet gehören zahlreiche Dünen, Wald- und Magerrasengebiete. Man könnte es zu einem weiteren Naturschutzgebiet erklären. Mit dem Abzug der Amerikaner wird der Eberstädter Weg voraussichtlich gesperrt, da die Stadt Darmstadt, auf deren Gebiet er zum allergrößten Teil liegt, kein Interesse an dem Unterhalt dieser Straße hat. Damit ergäbe sich die Chance, die dann vorhandenen drei Einzelnaturschutzgebiete (Flugplatz, Daggerkomplex, Griesheimer Dünen) zu verbinden und hier großräumigen und sinnvollen Naturschutz zu betreiben.
Übrigens wird der Entfall des Eberstädter Weges, der so oder so kommt, zu einer weiteren Zunahme des Verkehres im Griesheimer Südosten führen. Dies kann durch den Ostring kompensiert werden.
193 Gedanken zu „Nordring, Westring, Südring… OSTRING?“