Von den Dutzenden Gebäuden des Schießplatzes sind bis heute nur noch sehr wenige erhalten. Doch auch deren Tage sind wahrscheinlich gezählt.
Den obigen Plan habe ich Ihnen schon im Artikel „Das Griesheimer Militärlager 1915“ gezeigt. Orange markiert sind alle Gebäude, die bis heute erhalten sind. Wie man sieht, ist deren Anzahl ziemlich übersichtlich: Zwei Gebäude sind im Nordwesten im Bereich der Kreuzung Wilhelm-Leuschner-Straße / Jahnstraße erhalten, die streng genommen gar nicht Teil der Militärflächen waren sondern private Gastronomiebetriebe. Dabei geht es um das Waldschlößchen und den Felsenkeller. Neben einem einzelnen Gebäude nahe des Georgiiplatzes, das allerdings schon auf Darmstädter Gebiet liegt, sind nur noch sechs weitere Bauten im Bereich der östlichen Lilienthalstraße übrig.
Dass also nur noch neun Gebäude aus der Zeit vor 1918 vom Griesheimer Schießplatz übrig sind hat natürlich erst einmal den einfachen Grund, dass fast alle Gebäude als Baracken mit einfachsten Mitteln errichtet worden waren. Sie dienten als Mannschaftsunterkünfte.
Nur im Bereich der östlichen Lilienthalstraße und noch weiter östlich waren dauerhafte Gebäude errichtet worden. Sie dienten hauptsächlich als Verwaltungsgebäude und den Offizieren. Der kaiserzeitliche Ständestaat mit einer unterschiedlichen Gewichtung seiner Bürger (bzw. Untertanen) fand somit auch baulich seinen Ausdruck.
Während die Gebäude auf Darmstädter Gebiet schon in den 20er und 30er Jahren verschwanden oder ersetzt wurden, blieb der Kern des Militärlagers auf heute Griesheimer Gebiet in Teilen erhalten.
Eindruckvollstes Gebäude ist dabei ein zweigeschossiges Gebäude nahe der Kreuzung Lilienthalstraße und Gutermuthstraße, das heute hinter Bäumen verborgen ist. Ausweislich der Beschriftung in den alten Lagerplänen diente es als „Offiziers-Frühstücks-Lokal“ und „Besprechungs-Zimmer-Gebäude“ und war wohl von einer gepflegten Grünanlage mit Baumbestand umgeben. Es wurde vermutlich um 1900 erbaut.
Das Erdgeschoss und das Obergeschoss waren aus Klinkermauerwerk errichtet, die Fensterumfassungen waren besonders gestaltet und der Sturz wurde jeweils als Stichbogen ausgeführt. Ob das Mauerwerk ursprünglich im Erdgeschoss in seinem natürlichen rot erschien, wie es obiges Bild darlegt, kann nicht gesagt werden, da das Bild nachträglich koloriert wurde. Das Obergeschoss war wahrscheinlich weiss getüncht und die Fensterbereiche, sowie Gesimse und Gebäudekanten farblich akzentuiert.
Während die beiden unteren Geschosse trotzdem eher nüchternen und funktionalen Charakter hatten zeigen die Giebel des Dachgeschosses ein sichtbares Fachwerk. Damit sollte offensichtlich der besondere Charakter des Gebäudes unterstrichen werden. Besonders gut sieht man das Fachwerk in folgendem Bild:
Das Gebäude wurde auch nach dem Ersten Weltkrieg weiter genutzt und diente als Kasino. Auch während der Nutzung des Geländes durch die US Army diente der Bau wohl diesem Zweck.
Nach dem Abzug der Amerikaner ging das Offiziersfrühstückszimmer in die Verwaltung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) über, es wurde also Eigentum des Bundes. Leider kam die Bima ihrer Aufgabe nicht nach, dieses Gebäude in einem einigermaßen guten Zustand zu erhalten. Wohl durch Sturmschäden wurde das Dach in Teilen abgedeckt und es regnet seit vielen Jahren herein. Teile der Innendecken sind schon stark beschädigt.
Das Gebäude stellt sich daher heute nicht mehr im besten Zustand dar:
Im Zuge der Entwicklung des Quartieres sollen bisher alle sechs auf Griesheimer Gebiet befindlichen Gebäude abgebrochen werden, auch das Offiziersfrühstückszimmer. Da dieses als einziges vorhandenes Gebäude aber nicht mit den Baufenstern der Neubebauung kollidiert sondern in einem nicht zu bebauenden Bereich liegt, besteht vielleicht trotzdem noch die Chance, Teile des Baus als Erinnerungszeichen in das neue Quartier zu integrieren.
Mit meiner Grafik aus dem November 2016, mit der ich auf den Beginn des Bürgerbeteiligungsprozesses aufmerksam gemacht habe, hatte ich schon einmal versucht darzustellen, wie so etwas wirken könnte:
Weitere Infos zum Konversionsprozess finden Sie unter: www.griesheim-gestalten.de
Am 22.06.2017 findet um 18:30 in der Hegelsberghalle zu diesem Thema die nächste Bürgerversammlung statt.
194 Gedanken zu „Letzte bauliche Zeugen des Schießplatzes“