Nach Pfungstadt über Umwege

Die Pfungstädter Straße und der Schießplatz

Wer heute mit dem Auto von Griesheim nach Pfungstadt will, nutzt wahrscheinlich die Landesstraße 3303. Der Weg führt dabei vom Griesheimer Südkreisel (vorbei an den unsichtbaren Gräberfeldern der Frankenzeit) aber erstmal Richtung Eschollbrücken. Am Wasserwerk muss dann eine 90°-Kurve Richtung Osten genommen werden, bevor man dann kurz vor dem Pfungstädter Kreuz erstmals Kurs Richtung Pfungstadt nimmt.

Warum nimmt die aktuelle Straße eigentlich nicht den direkten Weg?

Ein Blick in historische Karten zeigt uns, dass ursprünglich je eine direkte Straße von Griesheim nach Pfungstadt und eine direkte Straße von Griesheim nach Eschollbrücken existierte.

pfungstädter_str_1850Die obige Karte zeigt den Zustand um 1850. Blau eingetragen ist die Straße von Griesheim nach Eschollbrücken. Rot eingetragen ist die Straße von Griesheim nach Pfungstadt, gelb die Straße von Darmstadt nach Eschollbrücken. Die Ziffer 1 zeigt die heutige Position des Wasserwerkes, die 2 ist das Pfungstädter Kreuz.

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Kartengrundlage: Open Topo Map

Heute ist die Situation verändert. Die Trassen von Griesheim nach Süden sind zusammengefasst worden. Die Eschollbrücker Route (blau) ist nur noch zwischen Griesheim und dem Wasserwerk (1) als Straße ausgebaut, die Pfungstädter Straße (rot) ist für PKWs nur noch zwischen Pfungstädter Kreuz (2) und Pfungstadt befahrbar. Verbunden werden die beiden Strecken durch eine Verbindungsstraße vom Pfungstädter Kreuz zum Wasserwerk (grün). Als Feld- bzw. Waldwege existieren die sonstigen Teile der beiden Straßen (3 und 4) jedoch bis heute und sind für Radfahrer und Fußgänger nutzbar. Da die Pfungstädter Straße (3) jedoch durch die Griesheimer Dünen führt, ist der Weg sehr sandig und bei großer Trockenheit schwerer passierbar.

Im Stadtgebiet von Griesheim existiert die Pfungstädter Straße übrigens immer noch auch unter diesem Namen. Sie dient aber nicht mehr dem überörtlichen Verkehr. Im Neubaugebiet Südost wurde die Trasse dagegen aufgegeben und die Straßenführung verändert, die Gründe dafür, die historisch wichtige und für den Radverkehr immer noch interessante Route zu unterbrechen kann ich nicht verstehen.

Die Gründe für die Zusammenlegung der ehemals zwei Trassen zu einer einzigen gut ausgebauten Straße sind einfach: Es ist unwirtschaftlich, zwei parallele Straßen in dichtem Abstand nebeneinander zu erstellen und zu unterhalten.

Warum wurde aber nicht direkte Verbindung nach Pfungstadt ausgebaut, sondern eine indirekte Route?

schiessplatz 1900
Quelle: Stadtarchiv Griesheim

Der Grund dafür ist der ehemalige Schießplatz im Süden von Griesheim, mit dem sich der letzte Artikel beschäftigt hatte. Die Westgrenze des Schießplatzes war die Pfungstädter Straße (in obiger Karte entlang der Buchstaben F, B und D). Die Zielbereiche, auf die mit der Artillerie damals geschossen wurden, lagen unmittelbar östlich der Pfungstädter Straße. Hier bestand also nicht nur die Gefahr, das Nutzer der Straße versehentlich hätten getroffen werden können. Nein, denn dies wäre ja mit Straßensperrungen während der Übungszeiten zu regeln gewesen. Viel mehr wäre die Straße selbst ja ständig zu reparieren gewesen, insbesondere nach dem Ausbau zur befestigten Chaussee. Es war daher sinnvoller, die Pfungstädter Straße im Bereich des Schießplatzes als unbefestigten Sandweg  zu belassen und stattdessen die Oberndorfer Straße auszubauen.

Somit müssen wir heute auf dem Weg nach Pfungstadt immer noch den Schießplatz umfahren, obwohl dieser seit über 80 Jahren nicht mehr in Betrieb ist. Dieser Umstand hat aber immerhin den echten Vorteil, dass der landschaftlich sensible Bereich der „Griesheimer Dünen“ umgangen wird und somit als Naturschutzgebiet bestehen kann.

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