Hessens jüngste Großstadt

Vor Kurzem war es soweit sein. Hessen hat neben Frankfurt, Wiesbaden, Kassel, Darmstadt und Offenbach eine sechste Goßstadt. Aufgrund zahlreicher neuer Wohnquartiere, vor allem auf ehemals militärisch genutzten Flächen, hat Hanau nun mehr als 100.000 Einwohner. Die Stadt am Zusammenfluss von Main und Kinzig hat allerdings keinen besonders guten Ruf – dabei hat die Stadt, in der die Gebrüder Grimm einst wirkten, einige schöne und spannende Ecken zu bieten. Und die Geschichte der Hanauer Neustadt ist ein positives Beispiel für Toleranz und Umgang mit Flüchtlingen.

Altstadt

Der Altstädter Marktplatz mit dem alten Rathaus. Die zahlreichen Restaurants gibt es erst seit jüngerer Zeit. Ursprünglich hatten alle Häuser im Erdgeschoss nur Wohnungen.

Von der Altstadt hat der Krieg leider nicht viel übrig gelassen. Das Quartier besteht heute ausschließlich aus Gebäuden, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden. Da alle Bauten aber in einem ähnlich zurückhaltend-konservativen Baustil errichtet wurden und die alten Straßenführungen mit engen Gassen erhalten blieben, erweckt das Viertel heute trotzdem das Gefühl, dass man sich in einer alten Stadt befindet. Und das ist nicht falsch. Hanau hat vor über 700 Jahren Stadtrechte erhalten. Das historische Rathaus und die Stadtkirche wurden übrigens rekonstruiert. Der alte Marktplatz, der noch vor einigen Jahren recht verlassen wirkte, hat durch Umbauten der Wohnhäuser an seinen Rändern einige Gastronomiebetriebe erhalten, die sich im Sommer auf den Platz ausbreiten.

Stadtschloss

Die Stadthalle steht im historischen Schlossbezirk

Das Stadtschloss ist bis auf einige bauliche Reste der Wirtschaftsgebäude im Krieg verschwunden. Der Schlossgarten allerdings wurde bei der Landesgartenschau 2002 wieder instand gesetzt und lädt heute zur Entspannung im Grünen, nicht weit entfernt vom Zentrum der Stadt ein.

Neustadt

Das Rathaus am Marktplatz der Neustadt bildet immer noch den Mittelpunkt der Stadt. Im Vordergrund das Denkmal für die Gebrüder Grimm.

Die Neustadt von Hanau wurde ab 1597 neben der Alstadt angelegt. Sie wurde von Flüchtlingen aus Frankreich und Belgien besiedelt, die ihre Heimat aus religiösen Gründen verlassen mussten. Die Neustadt hatte die dreifache Größe der Altstadt. Aufgrund des Fachwissens der neuen Bürger im Bereich Goldschmiedekunst, Tuchmacherkunst und weiterer Techniken blühte Hanau auf und wurde von einer unbedeutenden Kleinresidenz zu dem wirtschaftlichen Schwerpunkt der Region nach Frankfurt. Erst lange Zeit später holten Offenbach und Darmstadt die Größe und den Reichtum von Hanau ein.

Plan des historischen Hanau: Im Norden liegt die Altstadt, an drei Seiten von der Kinzig und Befestigungsgräben umgeben. Südlich davon liegt die Neustadt mit ihrem ab 1597 angelegten rechtwinkligen Straßensystem und den Befestigungsanlagen. Zeichnung: Daniel Jünger

Die Neustadt ist in ihrer Anlage mit den rechtwinklig angelegten Straßenzügen und der sternförmigen Befestigung eines der herausragenden Beispielen einer realisierten Idealstadtplanung in Deutschland.

Wallonisch-Niederländische Kirche

Die wallonisch-niederländische Kirche ist ein einzigartiges Gebäude, und zwar im Wortsinne. Es existiert wohl kein vergleichbares Gebäude. Die Kirche wurde für die beiden calvinistischen Gemeinden der Neustadt angelegt, die je nach Herkunft niederländischsprachig bzw. französischsprachig waren. Jede Sprachgemeinschaft erhielt einen polygonalen Gebäudeteil, der von einem kuppelartigen Dach bekrönt war. Beide an den Kreis angenäherten Grundrisse überschnitten sich im Altarbereich, um so die Zusammengehörigkeit auszudrücken. Leider wurde auch dieses Gebäude im Krieg zerstört und nur ein Teil wurde wieder aufgebaut.

Schloss Philippsruhe

Schloss Philippsruhe

Das Residenzschloss der Hanauer Grafen wurde ab 1700 am Mainufer beim Stadtteil Kesselstadt errichtet. Neben dem Gebäude selbst, zu dem auch einige Nebenbauten gehören, wurde vor allem eine große Parkanlage erbaut, die einige Meter über dem Mainufer liegt.

Wilhelmsbad

Die ehemalige Kuranlage Wilhelmsbad liegt nordwestlich der Innenstadt. Neben dem Kurhaus ist vor allem der umgebende Staatspark einen Besuch wert. 1709 wurde eine Heilquelle im Wald gefunden, die ab 1777 Mittelpunkt der gesamten Anlage wurde.

Tempel mit Heilquelle

Im Park finden sich einige künstliche Ruinen, ein Aussichtshügel und das berühmte Wilhelmsbader Karussell. Es ist das älteste erhaltene Karussell der Welt und an einigen Tagen im Jahr seit seiner Renovierung wieder in Betrieb.

Künstliche Burgruine im Park Wilhelmsbad.
Das historische Karussell im Park Wilhelmsbad
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