Bauherr für eine Burg gesucht

bauherr gesucht

Griesheim im Hochmittelalter, Teil 2

Wenn wir uns fragen, ob es in Griesheim eine Burg gegeben haben könnte, dann müssen wir uns fragen, wer so etwas überhaupt gebaut haben könnte. Jeder Architekt kennt das: Ohne Bauherr keinen Bau. Aber wurden Burgen nicht von Kaisern, Königen oder wenigstens Grafen gebaut? Wurden von dort nicht Länder regiert oder wenigstens bedeutende Fernstraßen überwacht? Das gab es doch in Griesheim alles nicht…

Sicher, weder Kaiser, noch Könige, noch Grafen haben in Griesheim residiert. Griesheim war sicherlich nie Hauptstadt eines Reiches, noch nicht einmal Hauptort eines bescheidenen Territoriums. All diese Punkte sind aber nicht zwingend notwendig, um Standort einer Burg zu werden.

Burg Dornberg (Groß-Gerau) mit Ritter
Burg Dornberg (Groß-Gerau) mit Ritter

Ein Blick in die Nachbarorte reicht. In nahezu allen Orten sind Burgen nachgewiesen worden oder werden mit gutem Grund dort vermutet. Aber eine gewisse Mittelpunktfunktion kann man nur für Darmstadt und Groß-Gerau – Dornberg feststellen. Für Büttelborn, Pfungstadt oder Wolfskehlen gilt dies  nicht. Trotzdem gab es in deren Gebiet Burgen. Es ist zu vermuten, daß diese durch örtliche Bauherren errichtet wurden. Für Wolfskehlen sind diese sogar namentlich bekannt. Aber gab es soche Ortsherren auch in Griesheim?

Schauen wir in einige erhaltene Urkunden:


Urkunde von 1252
(Hess. Staatsarchiv Darmstadt, Bestand A1 Nr. 236/1)
In dieser Urkunde verzichten Konrad von Breuberg und seine Frau auf Ansprüche auf Besitz in Weiterstadt. Wie damals üblich, wurde die Urkunde im Beisein von Zeugen ausgefertigt. Genannt werden:
die Burgmannen des E. oder C. von Breuberg
Siegfried von Griesheim
Hen v. Regershausen
Hartleb v. Zimmern
Emgo v. Gladbach
Hen Sartor, Schultheiß von Weiterstadt
Gerhard von Reuental
Gerhard v. Weiterstadt
Emmerhe, So. des Wornfelders und dessen Bruder Gerung
Berward und Hen v. Griesheim
Bei der Nennung der Zeugen ist zu beachten, daß das Wort „von“ natürlich nicht mit einem Hinweis auf Adel gleichgesetzt werden darf. Da zum damaligen Zeitpunkt Nachnamen noch nicht so festgelegt waren, wie wir das heute kennen, war der Hinweis „von“ tatsächlich nur darauf zu beziehen, wo jemand wirklich herkam.
Aussagekräftiger ist die Zusammensetzung der Zeugen. Sie kamen nicht nur aus Breuberg und aus Weiterstadt – den von der Urkunde betroffenen Orten. Es dürfte sich um Personen gehandelt haben, deren gesellschaftlicher Stand es ihnen erlaubte, überhaupt als Zeugen aufzutreten. Diese müssen zwar nicht adlig sein, es wird sich aber auch nicht um völlig Unfreie gehandelt haben. Bei Hartleb v. Zimmern  könnten wir uns zum Beispiel einen Vertreter der Ortsherren vorstellen, die die Burg in Klein-Zimmern besessen haben. Der Schultheiß von Weiterstadt wird aufgrund seines Amtes Zeuge gewesen sein.
Bei den drei Teilnehmern aus Griesheim fällt es schwer, sich einfache Bewohner des Ortes vorzustellen. Amt oder Stand muß der Grund für ihre Anwesenheit bei der Beurkundung gewesen sein.


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Burg Breuberg

Die oben genannte Urkunde wird in einer weiteren Ausfertigung (?) auch im Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden aufbewahrt (Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Bestand 22 Nr. in 439).
Die Übersetzung dazu ist im Online-Auftritt der Hessischen Archive etwas anders als bei der Urkunde zuvor gehalten:
Die erstgenannten Zeugen Siegfried von Griesheim, Hen v. Regershausen, Hartleb v. Zimmern und Emgo v. Gladbach werden als Burgmannen des C. von Breuberg bezeichnet. Das ist interessant: Um Burgmann zu sein, mußte unser Siegfried von Griesheim einen bestimmten gesellschaftlichen Stand haben.
Auch die beiden anderen Griesheimer werden etwas anders aufgezählt: „Gerung und sein Bruder Berward, Hen von Griesheim„. Über dieses „Hen“ werden wir im nächsten Artikel etwas spekulieren.

Wir schauen erst einmal in weitere erhaltene Urkunden.


Urkunde von 1257
(Hess. Staatsarchiv Darmstadt, Bestand B3 Nr. 2)
In dieser Urkunde werden Vereinbarungen zwischen dem Grafen von Katzenelnbogen und einem seiner Getreuen für erwiesene Dienste festgehalten.
Zeugen waren:
Konrad, Edlervon Breuberg
Reinhard von Hanau
Ludwig Hagelstein
Boemund, Truchseß von Hohenstein und dessen Bruder Hermann
Reinhold von Hohenstein
Heinrich Wormelins Sohn
Ernst Credenbecher
Konrad Bayer
Gerlach von Bickenbach
Siegfried von Griesheim
Peregrin von Oppenheim
Godebold von Bickenbach
Balereiz von Lichtenberg,
Ritter Dietrich Blahere
Ludwig, Pfarrer zu Gerau
Eberhard, Pfarrer zu Gräfenhausen
Peter, Schreiber, Kleriker
Die Urkunde wurde auf der Burg Dornberg (heute Groß-Gerau) aufgestellt. Interessant ist hier, daß wir wieder auf einen Siegfried von Griesheim treffen.
Die Grafen von Katzenelnbogen haben erst in den 1250er Jahren in unserer direkten Umgebung Fuß fassen können (Übernahme der Burg Dornberg und der Herrschaft Dornberg). Trotzdem scharren sie schon einen illustren Kreis von Personen aus der ganzen Region um sich. Wieder stellt sich die Frage, wie jemand „von Griesheim“ da hinein paßt.


 

Urkunde von  1188
(Hess. Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Bestand 22 Nr. in 436)

In der romanischen Kirche des Klosters Eberbach
In der romanischen Kirche des Klosters Eberbach

Der Abt des Klosters Eberbach (zu dem damals auch der heutige Gehaborner Hof gehörte) tauscht Besitzrechte mit einem Rupert von Eschollbrücken.
Zeugen waren:
Albert von Weiterstadt
Eberhard Waro
Gerhard von Wolfskehlen
Burchard von Dornheim
Bobbo von Griesheim
Conrad Reizel
Heche Sizzo und Gernand
Gottfried von Stockstadt
Burchard und Hermann von Pfungstadt


NACHTRAG 21.04.2016: Im LAGIS-Hessen wird im Artikel über Griesheim unter der Rubrik „Ortsadel“ für das Jahr 1209 ein „Heinrich von Griesheim“ genannt.


 

Fazit: In einigen Urkunden aus der Hochzeit des Burgenbauen tauchen Personen „von Griesheim“ auf. Aus den Umständen der Nennung ist es wahrscheinlich, daß diese einen gewissen Stand gehabt haben müssen. Sie treten als Zeugen bei Geschäften von Grafen auf, ebenso als Burgmannen. Vielleicht haben wir hier einen Hinweis auf die Familie der Griesheimer Ortsherren.

Aber was soll das eigentlich sein, ein Ortsherr?


Dieser Artikel ist Teil der Artikelreihe zur Griesheimer Burg. Die weiteren Artikel finden Sie hier:

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